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Mittelalterliche Redewendungen | Illuminale 2023

Eines brennt uns schon lange unter den Nägeln - und dabei führen wir nur Gutes im Schilde, ohne Ihnen etwas in die Schuhe schieben zu wollen: Wir möchten, dass Sie steinreich an Erkenntnis werden - und merken, dass mittelalterliche Redewendungen noch heute Hand und Fuß haben. Mag sein, dass wir es mit unserer Erklärungswut manchmal zu bunt treiben, malen aber sicher keinen Teufel an die Wand, wenn wir versprechen: In den Redewendungen, die wir in der unteren Windstraße kuntvoll in Bilderrahmen aufgehängt haben, verstecken sich viele  sprachliche Bilder, die uns bis heute im Alltag begleiten. Entdecken Sie sie und machen Sie sich Gedanken, wo die jeweiligen Redewendungen herkommen könnten - die Auflösung finden Sie dann unten.

Steinreich sein

Bedeutung: sehr reich sein

Natürlich gibt es sie auch in Trier – wenn auch nicht so umfangreich, wie man es von einer in Mittelalter und früher Neuzeit ständig besiedelten Stadt erwarten könnte: Fachwerkhäuser. Sie waren vom 13. bis zum 19. Jahrhundert in ihrer traditionellen Ausführung die Behausungen der einfachen Leute, die sich nur diese Art des Eigenheims leisten konnten. Der Lehm als Ausfachungsmaterial ließ sich einfach und kostengünstig vor Ort ausgraben, oft aus der Baugrube selbst. Holz war meist auch in größerem Maße verfügbar und ließ sich deutlich leichter transportieren als wuchtige Gesteinsquader. Wer trotzdem das Geld für ein massives Steinhaus hatte, war im wahrsten Sinne des Wortes „steinreich“. Außer natürlich in Trier: Hier war nach der Römerzeit so viel Steinmaterial vorhanden, dass das Baumaterial eines Hauses nicht zwangsläufig auf den Kontostand des Bewohners schließen ließ.

Hand und Fuß haben

Bedeutung: ordnungsgemäß/richtig/vollständig sein

Liebe Männer, sind Sie Linkshänder? Ja? Dann hätten Sie im Mittelalter in gewissem Sinne weniger Angst vor einer der härtesten Strafen haben müssen, die verhängt werden konnten: das Abschlagen der rechten Hand oder des linken Fußes. Auch wenn man gemeinhin alle sei-ne Gliedmaßen wertschätzt, waren diese beiden Extremitäten für den mutigen Mittelalter-zeitzeugen besonders wichtig, bewiesen sie doch seine Wehrhaftigkeit und Manneskraft: Mit der rechten Hand hielt und führte man sein Schwert, mit dem linken Fuß bestieg man via Steigbügel das Pferd. Außer natürlich, man war Linkshänder. Dann hätte man nach einer mehr oder weniger kurzen Genesungsphase weiterkämpfen und auf einem Pferd reiten kön-nen.
Doch sein Linkshändertum zuzugeben war zur damaligen Zeit fast schlimmer als wehrun-tüchtig zu sein. Schließlich, so dachte man, sitzt Jesus nicht umsonst zur Rechten Gottes, wäh-rend der Teufel, der gefallene Engel, der vom rechten Weg abgekommen ist, zur Linken sein Unwesen treibt: Linkshändertum schien ein klares Zeichen dafür zu sein, dass die Menschen mit dem Teufel im Bunde stehen. Dann lieber Pferd und Schwert verkaufen – oder sich im Vorfeld nichts zuschulden kommen lassen.

Etwas im Schilde führen

Bedeutung: schlechte Absichten haben/etwas aushecken

In Trier wissen wir es schon lange – und jeder Besucher des Hauptmarktes erkennt es auch: Wer mit verschlossenem Visier in der Öffentlichkeit auftritt, versprüht meist eine bedrohli-che Aura. Nicht umsonst schaut der friedliebende Ritter mit offenem Helm von der Steipe auf den Markt, während der drohende Ritter zur Rechten mit heruntergelassenem Helm-schutz in Richtung Dom blickt, um so von Seiten der Bürgerschaft dem Erzbischof die eigene Wehrhaftigkeit kampfentschlossen vor Augen zu führen. Die 1483 entstandenen „Steipenrie-sen“ am Hauptmarkt zeigen, dass es beim Helmvisier nicht allein um Schutz vor Verletzungen ging: Wer sein Gesicht bedeckt, wirkt gefährlich und macht sich zugleich unkenntlich.
Wenn im Mittelalter ein Ritterheer mit geschlossenen Visieren auf dem Pferd heranritt, konnten die Angegriffenen kaum den Menschen unter dem Metall identifizieren. Außer sie schauten ganz genau hin. Denn alle Ritter trugen farbige Symbole oder Wappen auf ihren Schilden, die ihre Herkunft widerspiegelten. Ähnlich wie die Nummernschilder auf Autos sa-hen sich diese Zeichen alle ähnlich, waren jedoch nichtsdestoweniger einzigartig und gaben dem Träger seine Identität. Wer nur anhand dieser Schildsymbole erkennbar war, weil er ansonsten mit geschlossenem Visier daherkam, führte aus diesem Grunde wahrlich nichts Gutes im Schilde.

Vernagelt sein

Bedeutung: etwas nicht verstehen, nicht klar denken können

Auf den ersten Blick scheint alles klar: Wer ein Brett vor dem Kopf hat, muss ja förmlich ver-nagelt sein! Tatsächlich werden diese Redensarten bei der Herleitung teilweise miteinander verbunden. Eine zweite Herleitung stammt aus dem Militär: Kanonen waren schwer und so-mit nicht leicht zu transportieren, so dass man sie manchmal beim Rückzug dem Feind über-lassen musste. Damit man nicht irgendwann von seinen eigenen Waffen bedroht wurde, trieb man einen Nagel so fest in das Zündloch, dass das Schießpulver nicht mehr angezündet wer-den konnte. Diese Nägel konnten häufig nicht mehr oder nur sehr schwer und langwierig entfernt werden – die Kanonen waren unbrauchbar. Entsprechende Beschreibungen finden sich in Schriften des 17. Jahrhunderts, z. B. 1682 bei Johann Siegmund Buchner: „... schlagen eiserne Spindel oder lange Nägel in die Zündlöcher der Stücken (Anm.: Kanonen) / dadurch muß (woferne solche mit der Zange heraus zuziehen) eine Weile aus dergleichen vernagelten Stücken zu schießen inne gehalten werden.“ Ebenso wie eine solch präparierte Kanone kann auch ein vernagelter Mensch nicht mehr seinen Dienst tun (also eine ordnungsgemäße Ant-wort geben, einen klaren Gedanken fassen oder eine sonstige Hirnleistung erbringen) oder braucht dafür sehr lange.

Es zu bunt treiben

Bedeutung: etwas übertreiben

Mustermix, Color Blocking, Neonfarben: Die Modewelt der Neuzeit hat viele Begriffe, um die möglichst auffällige, bunt gemischte Garderobenauswahl zu beschreiben. Dem Menschen des Mittelalters stand das nicht zur Verfügung - jedenfalls nicht, wenn er aus der einfachen Schicht stammte. Braun, grau oder blau: Mehr durfte die Farbwelt des Kleiderschrankes nicht hergeben, wenn man sich standesgemäß verhalten wollte. Zugleich verstand man viele Jahr-hunderte lang unter „bunter“ Kleidung schwarz-weiß gemusterte Accessoires, beispielsweise die sündhaft teuren Hermelinfelle, die die schwarze Schwanzspitze der Upper Class-Nager kunstvoll in Szene setzten. Erst im Verlauf des 14. Jahrhunderts bekam „bunt“ seine heutige Bedeutung. Und ausgerechnet im heute für seine farbenfrohen Karnevalsumzüge bekannten Köln sprach sich die geistliche Synode 1337 gegen übertriebenen Kleidungsputz aus. Wer es im Mittelalter also „zu bunt trieb“, missachtete diese Kleidervorschriften und übertrieb es.

Alle Brücken hinter sich abbrechen

Bedeutung: neu anfangen/die Vergangenheit hinter sich lassen - ohne Mög-lichkeit auf Rückkehr

Das Dreikönigenhaus erstaunt uns bis heute: Hoch oben im 1. Stock befindet sich die Ein-gangstür, die nur über eine Leiter, später über eine gemauerte Treppe erreicht werden konn-te. Auch im Frankenturm finden wir diese Vorsichtsmaßnahme, die das Nachhausekommen nach einer durchzechten Nacht zwar deutlich unbequemer machte, im Falle des Angriffs aber unbestreitbare Vorteile hatte: Rückte der Feind an, zog man die Leiter zu sich hoch und konnte ihm eine lange Nase machen, stand er doch auf Bodenniveau vor undurchdringlichen Steinmauern. Der Überlieferung nach gab es auch beim Bergfried, dem unbewohnten Hauptturm einer mittelalterlichen Burg, eine solche Leiter, die zum Eingang hoch über den Burgmauern führte. Der Bergfried war der höchste Turm einer Burg und stand in deren Mitte - war der Angreifer also bis dorthin gekommen, stand es um die weiteren Verteidigungsmög-lichkeiten mehr als schlecht. Der Bergfried blieb dann der letzte Rückzugsort und die Leiter, als „Brücke“ bezeichnet, wurde abgebrochen (bzw. eingeholt), um aus den meist schießschar-tenengen und deshalb sicherheitsbietenden Fenstern in Friedensverhandlungen zu starten.
Der Ausdruck ist aber auch aus dem antiken Latein überliefert. Brücken wie die Römerbrük-ke hatten eine hölzerne Fahrbahn. Rückte ein feindliches Heer an, konnte man diese im Ver-teidigungsfall in Brand stecken und so verhindern, dass die Angreifer den Fluss überqueren konnten. War man selbst das vorrückende Heer, zeigte das zielgerichtete Zündeln den eige-nen Soldaten, dass es keinen Weg zurück gab: „Voran und weiter erobern!“ war dann das Motto.

In die Schuhe schieben

Bedeutung: jmd. anderem die Schuld geben

Gelegenheit macht Diebe. Enge Raum- und schlechte Sichtverhältnisse bei Nacht, dazu noch ein ständiges Kommen und Gehen unbekannter Gesichter - wer unter diesen Umständen ei-nen Wertgegenstand sieht, wird vermutlich leichter dazu verleitet, ihn sich einzuverleiben. So ging es auch wandernden Handwerksgesellen, die sich in immer wieder gemischten Grup-penzusammensetzungen am Ende jeden Tages in Herbergen zusammenfanden. Bemerkte jemand den Diebstahl, gab es meist noch mitten in der Nacht eine spontane Durchsuchung der bis auf einfache Bettlager unmöblierten Schlafsäle.
Die einzige Möglichkeit, sich des gesuchten Gegenstandes schnell zu entledigen, waren die Schuhe des Bettnachbarn - wohl dem, der sie rechtzeitig und unbeobachtet befüllen konnte. Denn der Diebstahl von Sachen unterhalb einer gewissen Wertschwelle wurde meist mit ei-ner Geldbuße, die dem mehrfachen Wert der gestohlenen Sache entsprach, oder Züchtigung verfolgt. „Großer Diebstahl“ zog oftmals die Todesstrafe nach sich - doch waren die Gegen-stände, die man in Herbergen mit sich führte, fast immer unter diesem Wert. Und bei völlig unerheblichem Diebstahl hatte der Geschädigte das Recht, den Täter ordentlich zu verprü-geln. So konnte das erlittene Unrecht noch an Ort und Stelle rasch und effizient ausgeglichen werden.

Einen Denkzettel verpassen

Bedeutung: sich rächen, jmd. seine Verfehlung vor Augen führen

Im Gegensatz zu vielen anderen Redensarten des Mittelalters kann man den Denkzettel fast wortwörtlich nehmen: Er war ein Stück Papier, auf dem alle Verfehlungen aufgeschrieben wurden, an die der damit Bestrafte denken sollte, um sich beim nächsten Mal angemessener zu verhalten. Er hatte demnach ein pädagogisches Ziel und wurde deshalb gerne in Klosterin-ternaten angewendet. Wer dort mehrfach gegen die Hausordnung verstieß, bekam besagten Denkzettel gut sichtbar um den Hals gehängt, wo er mehrere Tage als Warnung für die Mit-schüler hängen musste. Da „Denkzettel“ hierfür aber etwas zu freundlich klang, wurde als Synonym auch gerne der Begriff „Schandzettel“ verwendet. Ob die jugendliche Umwelt den schriftlichen Vermerk aber wirklich nur als Warnung an sich selbst auffasste, oder nicht doch eher als Möglichkeit verstand, sich über den derart Bestraften lustig zu machen, sei dahinge-stellt.
Diese haptische Gedächtnisauffrischung hat jedoch auch eine ältere Geschichte: Im 15. Jahr-hundert verstand man unter „Denkzettel“ eine schriftliche Mahnung, eine Vorladung zu Ge-richt, eine Anklageschrift oder - etwas neutraler - eine Urkunde oder schriftliche Nachricht. Martin Luther übersetzte mit „Denkzettel" den jüdischen Gebetsriemen (Tefillin), der beim werktäglichen Morgengebet an die Stirn und an den linken Arm dem Herzen gegenüber ge-bunden wird, um anzudeuten, dass man Gedanken und Herz auf Gott richten möchte.

Das kann kein Schwein lesen

Bedeutung: unleserlich schreiben

Schweinen wird von Verhaltensforschern die gleiche Intelligenz wie Primaten zugetraut. Zum Beispiel hören sie auf ihren bis zu dreisilbigen Namen: In einer Studie wurde jede der knapp 40 sehnsüchtig auf Futter wartenden Sauen einzeln aufgerufen. Nur das Schwein, das auch dran war, bekam über einen Chip im Ohr am Futterautomaten etwas zu fressen. Schnell hatte das Borstenvieh das System begriffen: Wer nicht an der Reihe war, blieb ruhig liegen, das aufgerufene Schwein hingegen lief im Schweinsgalopp zur begehrten Essensausgabe. Auch wenn man es also glauben könnte: Die Redewendung hat nichts mit den grunzenden Intelli-genzbestien zu tun. Vielmehr gab es irgendwo in Norddeutschland - über den genauen Ort gibt es unterschiedliche Überlieferungen - eine Gelehrtenfamilie mit Namen „Swien“. Als einzige in der Umgebung konnten die Mitglieder dieser Familie lesen und schreiben. Wer immer in der Nachbarschaft ein Schriftstück verstehen musste, ging zu ihnen. War selbiges jedoch in unleserlicher Handschrift geschrieben, konnte es nicht einmal ein Swien lesen.
Nach dem Entziffern kam die Frage, was mit dem Text eigentlich gemeint war. Bei schwieri-gen Dokumenten kam unter Umständen auch ein Herr oder eine Frau Swien an die Bela-stungsgrenze. (Man stelle sich vor, vor rund 500 Jahren hätte es schon Bauanleitungen für schwedische Kleiderschränke gegeben!) Dann verstand es wirklich kein Schwein - also kein Swien.

Im Schlaraffenland leben

Bedeutung: in paradiesischen Zuständen/im Überfluss leben

Hans Sachs ist ein gutes Beispiel dafür, wie man auf dem 2. Bildungsweg zu Ruhm gelangen kann: 1505 entschied sich der Schneiderssohn zunächst für eine Schuhmacherlehre, nach deren Abschluss er fünf Jahre auf Gesellenwanderung ging. Der Weg führte ihn unter ande-rem nach Innsbruck, wo er am Hof Kaiser Maximilians I. diente und sich dazu entschloss, statt Schuhe zu besohlen lieber die Stimme sprechen zu lassen. Er absolvierte eine Ausbil-dung zum Meistersinger und ließ sich in Nürnberg nieder, wo er schnell zu Ruhm und Bewun-derung gelangte. Einer seiner berühmtesten Schwänke beschreibt das Schlaraffenland, das sich vom mittelhochdeutschen Wort sluraff für „Faulenzer, Müßiggänger“ ableitet: Dort fin-den sich Berge aus Hirsebrei, Häuser aus Kuchen, Steine aus Käse sowie vorgebratene Tauben und Gänse, die durch die Luft direkt in den Mund fliegen. Und wer einige Jahre mit seiner Ehefrau verbracht hat, schickt sie zum schlaraffenlandeigenen Jungbrunnen, in dem sie so lange badet, bis sie wieder ein 18-jähriges Mädchen ist.
Kein Wunder, dass dieses utopische Land in einer Zeit, in der viele Menschen mit dem Essen haushalten, hart arbeiten und in Zeiten schlechter Ernten hungern mussten, begeistert auf-genommen und immer weiter ausgestaltet wurde. Doch bei aller Sehnsucht nach einem sol-chen Land: Wer im Hier und Jetzt als sluraff bezeichnet wurde, konnte sich der Geringschät-zung und den verächtlichen Blicken seiner Umwelt sicher sein. Schließlich galt die Kardinal-tugend, wie sie auch am Trierer Petrusbrunnen dargestellt wird: die temperantia, die Mäßi-gung, die neben dem Weinglas stets einen Wasserkrug mit sich führt, um nicht betrunken zu werden.

Es brennt auf den Nägeln

Bedeutung: wichtig/drängend sein

Wer bei der wortwörtlichen Vorstellung dieser Redewendung nicht schmerzverzerrt das Ge-sicht verzieht, muss schon besonders hartgesotten sein. Und tatsächlich führt eine Herleitung dieser Redensart eine mittelalterliche Folterpraxis ins Feld, bei der dem Delinquenten eine Lunte oder ein Streichholz unter den Nagel geschoben und angezündet wurde. Dazu passt, dass die Redewendung ursprünglich verschiedene Orte des Verbrennens kannte: In alten Formen steht der Nagel im Singular, und es brennt nicht „auf“ ihm, sondern „unter ihm“.
Trotzdem wird ein zweiter Ursprung angenommen: Gingen die Mönche in mittelalterlichen Klosterkirchen zum Gebet, klebten sie sich bei ungünstigen Lichtverhältnissen - wahlweise wegen der dunklen Jahreszeit, wahlweise, weil das Nachtgebet, die Matutine, um 2 Uhr nachts absolviert werden musste - kleine Kerzenstummel auf den Daumennagel, der die Sei-ten festhielt. Wohl dem, der den Kerzenstummel lang genug wählte, denn das Nachtoffizium konnte bis zu drei Stunden dauern: Psalmen, Hymnen, Lesungen, Gebete und Lieder lösten einander ab. Wenn es anfing, auf den Nägeln zu brennen, gab es nur zwei Möglichkeiten: schnell zum Ende kommen - oder schmerzresistent weitersingen.

Den Teufel an die Wand malen

Bedeutung: mit dem Schlimmsten rechnen

Das berühmte Neumagener Weinschiff hat sie genauso wie das Kreuzfahrtschiff eines mo-dernen Reiseanbieters: große Augen, die seit der Antike den bösen Blick abwehren sollten. Schon im alten Griechenland gab es den Glauben an den to máti: Demnach sind die Augen - insbesondere blaue und grüne - nicht nur Spiegel der Seele, sondern auch die Quelle tödli-cher Strahlen, durch die Menschen Fluch und Verderben über ihre Mitmenschen bringen können. Über das Meer konnte der böse Blick ebenfalls schweben, ziellos und ohne, dass die Herkunft genau ausgemacht werden konnte. Durch die Eroberungsfeldzüge Alexanders des Großen verbreitete sich dieser Mythos und ist bis heute im gesamten Mittelmeerraum, aber auch in Indien und Pakistan präsent. Wehren kann man sich nur, indem man „zurück starrt“: Amulette und Talismane mit blauen Glasaugen, die sogenannten Nazar Amulette, aber auch aufgemalte Augen auf Schiffen versprechen deshalb Schutz vor dem Bösen.
Nicht nur vor dem Auge musste man sich im Mittelalter aber in Acht halten, sondern auch vor der Zunge. Wer den Namen des Teufels in den Mund nahm, riskierte, großes Unheil über sich und die Seinen zu bringen, denn alles konnte von den Kräften des Bösen als Beschwörung verstanden werden. Vollkommen neben der Spur lief, wer es wagte, den Höllenfürsten zu malen: Er konnte sich dem Unglück so gut wie sicher sein. Und da man glaubte, das Böse mit bestimmten Zeichen beschwören zu können, soll umgekehrt das Segenszeichen C+M+B (lat. christus mansionem benedicat – Christus segne dieses Haus), das am Dreikönigstag über die Haustür gemalt wird, das Unheil abwehren.

Mit seinem Latein am Ende sein

Bedeutung: ratlos sein/keinen Ausweg sehen

Mit seinem Latein am Ende ist man heutzutage recht schnell: Es braucht nur ein etwas inten-siveres Arztgespräch und schon verstehen selbst Absolventen eines soliden Schul-Latinums nur noch bahnhofus complexus. In diesem Sinne geht es uns nicht anders als den Menschen des Mittelalters, als Latein zwar immer noch Verkehrssprache in Kirche und Wissenschaft war, für den Großteil der Bevölkerung aber im alltäglichen Leben keine Rolle mehr spielte. Stockte ein Lateinschüler also in seinem vorbereiteten Vortrag, der Theologiestudent in sei-nem ausgearbeiteten Referat oder - am allerschlimmsten - der Arzt in seiner Diagnose, wus-sten sie alle nicht mehr weiter: Sie waren mit ihrem Latein am Ende.

Ein Brett vor dem Kopf haben

Bedeutung: etwas nicht verstehen

Der Ochse hatte es im Mittelalter nicht leicht. Einerseits wird er im Alten Testament als deutlich schlauer als die Menschen definiert („Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel kennt's nicht, und mein Volk versteht's nicht.“ Jesaja 1,3), was auch dazu führt, dass er bis heute in Krippenspielen ganz nah am Geburtsgeschehen in Bethlehem dabei sein darf - obwohl er in der Weihnachtsgeschichte ursprünglich gar nicht erwähnt wurde. Andererseits galt der Ochse als störrisch und - nun ja: etwas dämlich. Dabei ist das kastrierte Rindvieh einfach nur aufgrund seines Testosteronverlusts äußerst gutmütig und lenkbar. Deshalb wurde es auf mittelalterlichen Ackern gerne als Zugtier eingesetzt.
Doch wer kann schon in den Kopf eines über 300 kg schweren Tieres hineinschauen? Um ein unberechenbares Scheuen der Tiere zu verhindern, wurde ihnen - so die Herleitung dieser Redewendung - vermutlich Bretter vor die Augen gespannt, um ihr Sichtfeld einzuschränken und sie auf dem Acker stur geradeaus lenken zu können, ohne dass plötzliche Bewegungen anderer Tiere oder Menschen sie ablenkten. Nach einer anderer Erklärung war mit dem Brett das Stirnjoch gemeint, das vor die Hörner gelegt wurde und über dessen angebrachten Zügel die Kraftübertragung erfolgte. Die angebliche „Dummheit“ der Tiere wurde dann indi-rekt darauf zurückgeführt, dass das Brett vor der Stirn das Denken behindere. Bleibt die Fra-ge, wer der echte Hornochse war: das Tier oder der Mensch, der es unterschätzte…

Blau machen

Bedeutung: schwänzen

Es scheint, als habe sich vom Mittelalter zur Moderne ein Kreis geschlossen: 2015 sammelte der dänische Verband für Landwirtschaft und Ernährung (Landbrug & Fødevarer) auf dem Roskilde Festival – dem größten Musikfestival Nordeuropas – 54.000 Liter Urin und nutzte ihn im darauffolgenden Frühjahr als Düngemittel, um elf Tonnen Braugerste zur Bierherstellung zu erzeugen. Im Mittelalter verlief dieser Prozess noch anders herum: Damals tranken die Färber große Mengen Bier, um entsprechend oft das stille Örtchen aufsuchen zu können. Sel-biges war ein großer Bottich, in dem aus Urin und Wasser eine zwar übelriechende, aber kostbare Lauge entstand - kostbar deshalb, weil nur sie geeignet war, der Färberwaid ihren Farbstoff zu entlocken. Denn der Kreuzblütler besitzt zwar gelbe Blüten, die Blätter enthalten aber das farblose Glykosid Indican, das nach der Ernte durch den mit Urin in Gang gesetzte Fermentationsprozess zum bläulichen Indigo oxidiert wird. Doch dieses Blau fällt nicht vom Himmel: Es dauert einen ganzen Tag, bis sich der Farbstoff aus der Pflanze gelöst hat. Gut für die Färber, die nach einem bier- und pinkelfreudigen Tag die Lauge anrührten, die zu färben-den Stoffbahnen hineinlegten und sich dann erst einmal ausruhen konnten - während andere Menschen weiter arbeiten mussten. Beneidet wurden die Färber um ihre Arbeit dennoch nicht: Das ständige Hantieren mit Urin „färbte“ schließlich olfaktorisch auch auf die Men-schen ab und verlieh dem Färberhandwerk den Ruf, ein schmutziges Handwerk zu sein.

Alles in Butter

Bedeutung: alles in Ordnung

Die Definition von Margarine als „industriell hergestelltes Streichfett“ klingt wirklich nicht sonderlich lecker. Die Idee dahinter aber war clever: Napoleon III., von 1852 bis 1870 Kaiser der Franzosen, suchte nach einer haltbaren und preiswerten Butter-Alternative, die seine Soldaten auf dem Schlachtfeld würde bei Kräften halten können. Seine Chemiker hatten Er-folg: 1869 entstand die erste Margarine aus Milch, Wasser, Nierenfett und Lab (oder, und man möchte den Soldaten wünschen, dass sie das nicht wussten: zerstoßenem Kuheuter). In den Folgejahren entstanden in Deutschland und den Niederlanden erste Margarinefabriken. Doch auch wenn die Zutatenliste zum Streichfett-Surrogat im Laufe der Jahre immer ausge-feilter wurde: An „die gute Butter“ kam schon damals nichts ran. So warben im 20. Jahrhun-dert zahlreiche Gaststätten damit, gerade nicht auf die Pflanzenalternative umgestiegen zu sein, sondern das Beste der Kuh beim Anbraten der hauseigenen Schnitzel zu verwenden.
Eine nicht belegbare Geschichte führt die Redewendung aber auf das mittelalterliche bzw. frühneuzeitliche Venedig zurück, wo die zerbrechlichen Exportschlager aus Glas - Trinkgefä-ße, Schalen oder Schmuckgegenstände - für den Transport in flüssige Butter eingelegt wur-den. Einmal hart geworden, bot das geschmeidige Fett ausreichend Schutz beim rüttelreichen Transport über die Alpen. Ob die Butter danach noch verzehrt wurde? Auch das verliert sich im Dunkel der Geschichte. Aber besser als Margarine mit zerstoßenem Kuheuter wäre es wohl allemal.

Jemanden hänseln

Bedeutung: jemanden aufziehen/ärgern

Geringere Abgaben in den Einfuhrländern, ein gutes Netzwerk zu anderen Handelsstädten, Klagemöglichkeiten bei Nichteinhaltung von Verträgen oder eine starke Stimme gegenüber den unterschiedlichen Auslandsmärkten: Wer zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert Handel im großen Stil betreiben wollte, kam um die Hanse nicht herum. Ursprünglich aus dem Zu-sammenschluss verschiedener lokaler Handelsnetzwerke entstanden, gehörten ihr um die 1400 Städte und Gemeinden von Nordbrabant in den heutigen Niederlanden bis zum Balti-kum, von Köln im Süden bis Kiel im Norden an. Mitglied konnte ab diesem Zeitpunkt werden, wer einen formellen Aufnahmeantrag stellte oder sich als kleine Stadt von einer größeren Stadt recht formlos aufnehmen ließ.
Trotz all dieser Professionalisierung blieb die Hanse stets frei organisiert. Sie hatte keine Ver-fassung und keine Mitgliederlisten, keine dauerhafte eigenständige Finanzgebung oder Ver-waltung. So blieben auch die Aufnahmeprozesse oder Verfahren bei Verstößen gegen die Handelsordnung von lokalen Traditionen oder spontanen Ideen einzelner Mitglieder vor Ort geprägt. Antragsteller wurden auf Herz und Nieren, Humor und Widerstandskraft geprüft, mussten symbolische Schläge aushalten, sich mit einem rauen Holzmesser die Reste des vor-hansischen Lebens abschaben lassen, sich untertauchen lassen oder durch die engen Spei-chen eines Rades winden, klobige Pillen schlucken, üble Flüssigkeiten trinken, in eiskaltes Wasser springen und natürlich die ein oder andere Runde Bier ausgeben. So wurden sie „hansisch gemacht“ oder, kurz gesagt: gehänselt.

Das Schwarze Brett

Bedeutung: Ort für Aushänge und öffentliche Verlautbarungen

Lange vor der Erfindung des Bierdeckels ließen Gäste einer Schänke ihre Getränke auf einer schwarzen Schiefertafel anschreiben. Das schuf nicht nur für den Wirt Klarheit, sondern auch für den Gast, der seine gesammelte Rechnung nach Möglichkeit am Ende des Monats be-zahlte. War ihm das nicht möglich, stand er gut sichtbar beim Schankhausbetreiber „in der Kreide“. Im 17. Jahrhundert kam das wochenlange Anschreiben aus der Mode - vermutlich auch deshalb, weil sich die unbeglichenen Außenstände anhäuften. Fortan wurde die Tafel für öffentliche Bekanntmachungen benutzt. In der Kneipe waren diese am besten aufgeho-ben, schließlich war hier die häufigste Frequenz aller Menschen eines Dorfes. Das hat sich zwar heute in Schulaulen oder die Eingangsbereiche von Supermärkten verlagert - und schwarz sind die Tafeln meist auch nicht mehr. Der Ausdruck hat sich trotzdem bis in die Neuzeit erhalten.

Das geht auf keine Kuhhaut

Bedeutung: Das kann doch nicht wahr sein!

Der Teufel ist am Ende auch nur ein Mensch. Oder besser gesagt: Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn sich der Herrscher über Hölle und Fegefeuer nicht manch gute Erfin-dung der Erdenbürger abschauen würde. Dazu gehörte auch das Pergament als Schreibunter-lage. Zwar hatte der Chinese Tsai Lun schon vor rund 2000 Jahren Papier aus Bambusfasern gewonnen, doch bis zur Verbreitung und effizienten Massenfertigung im Westen dauerte es noch gut 1300 Jahre. Erst 1390 wurde die erste deutsche Papiermühle in Nürnberg in Betrieb genommen.
Bis dahin behalf man sich mit dem aus Tierhäuten gefertigten Pergament, das auch der Teu-fel nach damaligem Glauben für seine Bürotätigkeiten benutzte. Zumindest beschrieb er die Sünden eines jeden Menschen feinsäuberlich auf eben jener Schreibunterlage, um sie ihm am Tag des Jüngsten Gerichts triumphierend aus der Tasche ziehen zu können - ein Blatt Per-gament pro potentiellem Sündenpfuhl auf zwei Beinen. Den meisten Platz bot dabei eine Kuhhaut. Zwar ist nicht jedes dieser Rindviecher so groß wie Blosom, eine Kuh aus Orangevil-le in Illinois, die 2014 mit einer Größe von 1,93 Metern und einem Gewicht von 907 Kilo ins Guinnessbuch der Rekorde aufgenommen wurde. Dennoch musste es ein Sünder schon ganz schön arg getrieben haben, wenn all seine Verfehlungen nicht einmal auf eine Kuhhaut pas-sten. Da konnte selbst die Heilige Brigida, Schutzheilige der Kühe, nicht mehr helfen.

Schwein gehabt

Bedeutung: Glück (im Unglück) gehabt

Wer jemals auf dem Jahrmarkt versucht hat, den oder die Angebetete(n) mit seiner Ge-schicklichkeit zu beeindrucken, weiß es aus leidlicher Erfahrung: Nichts ist schlimmer als statt des erhofften Riesenteddybären mit rotem „I love you“-Herz in den Pfoten nur eine bil-lige Plastikrose oder einen Glitzerflummi überreicht zu bekommen. Wie gut wäre es einem da im Mittelalter ergangen! Hier gab es bei Schützenfesten nicht nur hochrangige Preise für die drei Erstplatzierten, sondern auch ein durchaus teures Geschenk für den Letzten der Rei-he: ein Schwein.
Zwar brachte es einem mitunter Hohn und Spott ein, „die Sau durchs Dorf treiben“ zu müssen - gab sie doch grunzend Auskunft über die Schmach des absoluten Verlierers -, doch einmal zu Hause angekommen, hatte man zur damaligen Zeit einen echten Wertgegenstand, der einem zu Weihnachten oder anderen hohen Feiertagen einen veritablen Festschmaus be-scherte. Insofern hatte man also Glück im Unglück - und als Glückssymbol feiert das Schwein deshalb bis heute borstenfreudigen Kultstatus.

Den Löffel abgeben

Bedeutung: sterben

Der Teufel spielt für viele aus dem Mittelalter stammenden Redewendungen eine Bedeu-tung. Sei es, dass er drohend für ein bestimmtes Vergehen in der Ferne droht, sei es, dass er durch sein Gebaren festlegte, was man als Mensch tun oder tunlichst lassen sollte. Des Teu-fels liebstes Spielzeug, der Dreizack, legte deshalb fest, dass man als gottliebender Mensch bei Tisch keine Gabel verwendete. Ein zentrales Messer zum Schneiden von Speisen in der Tischmitte war in Ordnung, doch an persönlichem Besteck behalf sich der mittelalterliche Mensch beizeiten mit den Händen oder - wenn es um Suppe und Brei ging - mit einem Löffel.
Dabei besaß jedes Familienmitglied einen eigenen Löffel, der nach der Mahlzeit gereinigt und auf das hauseigene Löffelbrett abgelegt wurde. Starb ein Mensch, gab er den Löffel ab - nämlich an ein heranwachsendes Familienmitglied, das noch kein eigenes Schaufelwerkzeug am Tisch besaß. Und da man zeitlebens, insbesondere in den ärmeren Schichten, mit einem Löffel auskommen musste, wurde selbiger zum Symbol für das Leben an und für sich.

Etwas durch die Blume sagen

Bedeutung: etwas andeuten oder indirekt sagen

Dass man zu Besuchen bei den Eltern des Partners keinen Kaktus kaufen oder eine Distel in Nachbars Garten pflücken sollte, dürfte weithin bekannt sein. Dass rote Rosen zur Beteue-rung oder Offenbarung innigster Liebe keine schlechte Wahl sind, auch. Viele andere Bedeu-tungen sind heute jedoch in Vergessenheit geraten. Das war im Mittelalter noch anders: Warb ein junger Mann um die Gunst einer Frau, konnte diese ihm durch das Überreichen einer Blume ganz klar sagen, ob sein Werben willkommen war oder nicht. Kornblumen sym-bolisierten zum Beispiel ein klares Nein, das Vergissmeinnicht ein herzergreifendes Ja, stand es doch für treue Liebe und stetes Gedenken an den Beschenkten. Auch rote Nelken und Efeu konnten den Werber hoffen lassen.
In Trier geht man mit der Blumensymbolik seit jeher etwas pragmatischer um: Welche Blü-ten sich konkret im Blumenstrauß befinden, den der Oberbürgermeister alljährlich zur Eröff-nung des Altstadtfestes unserem Stadtpatron Petrus überreicht, ist letztlich egal: Jeder üppige Strauß soll dem bärtigen Schlüsselträger schmeicheln, damit er für ein gutes Wetter an den drei Festtagen sorgt. Das hat in den letzten Jahren fast immer geklappt. Vielleicht kennt Pe-trus die mannigfachen Blumensymboliken eben auch nicht so genau.

Zur Sau machen

Bedeutung: jmd. beschimpfen, erniedrigen

Im Stadtmuseum Simeonstift gibt es eine Schandmaske zu bestaunen: Ein eiserner Helm, der über den Kopf gezogen wurde und genügend Freiraum ließ, um den Mensch dahinter gut er-kennen zu können. Die lange eiserne Zunge, die vorne an der Maske angebracht hin, verweist darauf, für welches Vergehen ein Mensch zum Tragen dieses metallenen Schmach-Accessoires verdonnert wurde: für üble Nachrede, Lästern oder das Verbreiten von Lügen. Das erfinderische Mittelalter hatte eine ganze Kollektion dieser ungeliebten Kopfbedeckun-gen im Folterschrank, die die Art des Vergehens möglichst plakativ vor Augen führten, und mit denen der Delinquent zum Gespött seiner Mitmenschen durch die Straßen laufen oder am Pranger stehen musste.
Ein besonders beliebtes Modell hatte die Form eines Schweinekopfes, an dessen Front manchmal auch ein schweres Gewicht angebracht war. Es zwang den Verurteilten dazu, auf allen Vieren als „schmutziges Schwein“ durch die Gassen zu kriechen. Für welches Vergehen diese Schandmaske eingesetzt wurde, ist nicht ganz klar. In jedem Fall musste es mit der Ehr-verletzung eines Anderen zu tun haben: Da Gleiches mit Gleichem vergolten wurde, musste der Bestrafte so den Verlust seiner eigenen Ehre in Kauf nehmen. Wirklich saupeinlich.

Im Stich lassen

Bedeutung: jmd. in einer Notsituation alleine lassen

In der modernen Kriegsführung ist es eine Seltenheit geworden: der Nahkampf Mensch ge-gen Mensch. Im Mittelalter war dieser jedoch an der Tagesordnung, und so sehr sich der Ritter auch bemühte, heil aus der Schlacht herauszukommen, so schwer - im wahrsten Sinne des Wortes - fiel es ihm. Denn jede Sicherheitsvorkehrung war auch mit Nachteilen verbun-den. Eine Ritterrüstung mit Kettenhemd konnte leicht bis zu 35 Kilogramm wiegen; fiel er noch dazu während der Schlacht vom Pferd und prallte hart auf dem Untergrund auf, konnte es fast unmöglich werden, schnell genug auf die Beine zu kommen, um dem nächsten Hieb des Gegners auszuweichen. Auch aus diesem Grund besaß jeder Ritter einen Knappen, der ihn im Kampf unterstützen sollte, eine zweite Lanze oder ein Ersatzpferd brachte, dem Ritter aufhalf, wenn er gestürzt war oder versuchte, ihn im Verletzungsfall in Sicherheit zu bringen. Besaß er - aus nachvollziehbaren Gründen - nicht die Nervenstärke, sich zum Schutz seines Herrn ins Schlachtgetümmel zu stürzen, überließ er ihn dem finalen Stich des Gegners, der das Schicksal des gestürzten Ritters besiegelte.